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Haushaltsrede für das Jahr 2024

Der Anfang einer Haushaltsrede ist immer der gleiche und entsprechend leicht: Begrüßung, das erste Dankeschön an den Kämmerer und sein Team, ein paar generelle Worte zu den vorausgegangenen Haushaltsberatungen und die Verantwortung, die wir als Kommunalpolitiker gegenüber der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern haben. Danach fängt es dann in diesem Jahr schnell an, richtig weh zu tun.

Es steht nicht gut um unseren Haushalt. Wenn wir alle ehrlich sind, dann haben uns die Zahlen, die der Kämmerer hier vorgelegt hat, nicht überrascht. Und diesmal erleichtert er uns die Sache auch nicht damit, dass er erklärt, er habe bei den Zahlen auf Sicherheit gesetzt und am Ende könne das Jahr 2024 vielleicht etwas besser ausgehen als mit einem Defizit von 7,5 Millionen Euro. Ein deutliches Signal, das der Bürgermeister bei der Haushaltseinbringung in einer vorgezogenen Haushaltsrede mit einem zusätzlichen Ausrufezeichen versehen hat. – Und mit ein paar dezenten Hinweisen, wo er keine Änderungen sehen möchte, aber das sei ihm gegönnt …

 

Ich erspare es mir, das Zahlenwerk hier noch einmal auseinander zu nehmen und zu erklären, was die einzelnen Zahlen uns sagen. Ich gehe davon aus, dass dies wie gewohnt von Günther Krüger erledigt wird und schenke uns so allen ein wenig Lebenszeit. Und für ein staatstragendes und pressetaugliches Statement zur Verantwortung eines Kommunalpolitikers in Kevelaer setze ich auf die FDP.

 

Aber im Ernst. Warum sieht es bei uns so mies aus? Längst nicht alle Gründe sind hausgemacht. Eine Krise jagt die nächste, und in unserer globalisierten Welt trifft uns jede davon in irgendeiner Weise mit. Davor schützen weder Schutzzölle, Mauern noch Raketen. Und schon gar nicht die Hetze gegen Andersdenkende und eine wohlfeile Jagd auf Sündenböcke. Alles das bringt uns aber ökonomisch in Schieflage und gesellschaftlich in gefährliches Fahrwasser. Und gleichzeitig versucht die Ampel-Regierung in Berlin, ihre ideologisch gefärbte Zukunftsvision für ein neues Deutschland und eine neue Welt von jetzt auf gleich umzusetzen. Mit einer handwerklichen Sicherheit, die staunen lässt …

 

Wir als Kommune sollen dabei einfach akzeptieren, dass uns immer neue Aufgaben und Lasten zugeschoben werden. Umsetzung und Finanzierung? Da kommen aus Düsseldorf, Berlin und Brüssel oft nicht mehr als Floskeln und Vertröstungen ohne Wert. Perspektiven für die Zukunft? Lösungen gar? Fehlanzeige. Vor diesem Hintergrund einen soliden und nachhaltigen Haushalt für unsere Stadt aufzustellen, ist ein echtes Wagnis, denn unsere gewohnten Stellschrauben funktionieren unter solchen Bedingungen einfach nicht mehr.

 

Markantestes Beispiel ist die Migrationslage. Allein hier reden wir im Haushalt 2024 von einer Unterdeckung von über 2,2 Millionen Euro; ganz zu schweigen von dem Dilemma der Unterbringungsnot. Der Wohnungsmarkt, ohnehin ein Sorgenkind, ist völlig aus den Fugen geraten. Jeder, der in Kevelaer eine finanzierbare Wohnung oder ein Haus sucht, kann darüber Bücher schreiben. Und auch die Verwaltung kann unschöne Kapitel dazu beitragen, denn wenn sie nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge sucht, wird sie nicht selten mit Mieten oder Kaufpreisen konfrontiert, die man nur als schamloses Ausnutzen einer Notsituation bezeichnen kann. Bleibt als letzter Ausweg noch die Belegung öffentlicher Gebäude mit Flüchtlingen – Turnhallen, öffentliche Begegnungsstätten … die dann ihrem eigentlichen Zweck entzogen sind. Eine „Lösung“, die keinem gerecht wird, doch wir als Kommune – als letztes Glied in der Verantwortungskette –sind verpflichtet, zugewiesene Flüchtlinge unterzubringen. Im Haushalt finden sich somit auch mehrere Positionen, die das finanzielle Ausmaß dieser Aufgabe deutlich machen: Allein 7,85 Millionen für zwei Flüchtlingsunterkünfte an der Ladestraße und am Betriebshof. Dazu kommt noch die Herrichtung einzelner Objekte mit Kosten im hohen sechsstelligen Bereich. Der Bürgermeister hat es mit deutlichen Worten auf den Punkt gebracht: „Wir stehen mit dem Rücken an der Wand.“

 

Und ich möchte ergänzen: Die Geduld der Menschen im Land ist angesichts der politischen Mut- und Hilflosigkeit auf Bundes- und Landesebene weitgehend erschöpft. In der Bevölkerung ist ein gefährlicher Grad an Belastung erreicht. Das zeigen nicht nur die Zustimmungswerte zu Parteien, die einfache Lösungen für komplexe Themen versprechen.

 

Sicherlich kann man die finanzielle Unterdeckung in den zahlreichen pflichtigen Haushaltspositionen durch Streichen oder Schieben anderer Positionen mindern. Hier holt uns aber schnell die schlichte Notwendigkeit ein, wenn es um Investitionen und Zuschüsse geht. Und um die zahllosen Förderprogramme, mit denen man uns „großzügig“ unterstützt. Nicht selten erinnern sie allerdings an eine Mohrrübe, die man dem Esel vor die Nase hängt, um ihn in die richtige Richtung zu schicken.

 

Wenn wir also nicht an die verbliebenen freiwilligen Ausgaben wollen, wie z. B. zur Stabilisierung der Vereinsstrukturen, müssen wir an den Stellschrauben im Bereich der Einnahmen drehen. Auch kein beliebtes Thema, doch wir haben hier – auch das hat der Bürgermeister in seiner Haushaltrede dargestellt – ein chronisches und strukturelles Problem. Eine Anpassung der Grundsteuer an die fiktiven Hebesätze ist ein richtiger Schritt, auch wenn es im Verbund mit der Grundsteuerreform den einen stärker trifft als den anderen. Hier aber die Kevelaerer Vereine, die auf vielfältige Art und Weise das soziale Miteinander stärken und auch bei der Integration der Flüchtlinge unersetzlich sind, mit einer Verdoppelung der Betriebskostenbeteiligung zu belasten, das tragen wir nicht mit. Hier ist zumindest für uns eine Grenze erreicht.

 

Tatsächlich bleibt uns derzeit nichts anderes übrig, als auch auf unsere mühsam erarbeiteten Rücklagen zurückzugreifen. Wenn Land und Bund nicht endlich gegenlenken, laufen wir damit Gefahr, früher oder später in einer Haushaltssicherung zu landen. Und es tröstet überhaupt nicht, dass die Regierung dann bestimmt wieder kreative Bilanz-Schlupflöcher gestattet, mit denen das Bild schöngefärbt wird.

 

Welche Alternativen haben wir also überhaupt noch, um unseren Haushalt zu verbessern? Eigentlich liegt es auf der Hand, wenn man mal von der Auskömmlichkeit bei der Flüchtlingsaufnahme absieht: Das Zauberwort heißt „Gewerbesteuer“. Die ist nach einem Höhenflug 2022 im Haushaltsjahr 2023 um 7 Millionen auf 19,5 Millionen eingebrochen. Hier müssen wir ansetzen, um die Einnahmen wieder zu steigern – unsere Nachbarkommunen zeigen uns, dass das geht. Nicht, indem man die Steuerschraube anzieht, sondern indem man klare Ziele setzt und Zukunft aktiv gestaltet. Wir müssen für Kevelaer ein nachhaltiges Wachstum sichern und dies auch konsequent auf verschiedenen Ebenen weiterentwickeln.

 

Letzte Woche durften wir in den Medien lesen, dass die CDU in Sachen Wirtschaftsförderung zurück in die Zukunft will. Eine Rolle rückwärts zu einer eigenständigen Wirtschaftsförderungs-GmbH. Ja, wir haben 2013 die Auflösung der alten WFG und die Einrichtung einer Stabstelle „Wirtschaftsförderung, Marketing, Kultur und Tourismus“ mit durchgesetzt. Damals erschien uns das als der richtige Weg. Aber die Zeiten haben sich geändert, und eine WFG von 2024 wird nicht die von 2013 sein.

 

In den vergangenen drei Jahren hat sich in diesem Bereich schon einiges getan. Verena Rohde hat sich eine zielführende Kombination aus modernem Standortmarketing und klassischer Wirtschaftsförderung für Bestandsunternehmen und neue Unternehmen auf die Fahnen geschrieben – nicht nur fokussiert auf die Innenstadt, sondern auch in den Gewerbegebieten. Durch die Zusammenführung mit Stadtmarketing und Tourismus werden zudem wichtige Bereiche miteinander verknüpft und Synergien sinnvoll genutzt. Mit Frau Rohde haben wir an der Spitze eine Kraft mit erheblicher Fachkompetenz und Motivation, doch als integraler Teil der Verwaltungsstruktur haben sie und ihr Team nicht den Handlungsspielraum, der wünschenswert ist.

 

Deswegen schlagen wir die erneute Gründung einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft vor – mit einer unternehmerisch orientierten Führungsstruktur, betriebswirtschaftlicher Denkweise und größerer Handlungsfreiheit als jetzt. Diese erneuerte WFG (oder wie immer sie dann heißt) soll als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung agieren. Wir sind davon überzeugt, dass nur so eine zeitgemäße, wirtschaftsorientierte und strategisch sinnvolle Vernetzung mit den Unternehmen stattfinden kann. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass durch flexibleren Einsatz der finanziellen Mittel, zusätzliche Möglichkeiten der Wertschöpfung, Steuervorteile und Entbürokratisierung die Effizienz und Flexibilität weiter gestärkt werden.

 

Als Geschäftsführerin können wir uns hier sehr gut Frau Rohde vorstellen, doch wir haben in unserem Antrag bewusst keine Vorgaben zur genauen Form, Aufgabendefinition, personeller Ausstattung, Budget u. ä. gemacht. Weder Politik noch Verwaltung haben dazu die übergreifende Kompetenz, daher ist zunächst eine Arbeitsgruppe aller maßgeblichen lokalen Akteure aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung einzurichten, die eine Grundlage erstellt. Dann kann auch entschieden werden, ob die zusätzliche externe Expertise notwendig ist, die sich der Bürgermeister als Entscheidungshilfe wünscht.

 

Und diesen Weg wollen wir – ich glaube, das haben wir nun auch oft genug betont – einvernehmlich mit dem Bürgermeister und den anderen Ratsfraktionen gehen. Ich danke daher schon jetzt im Namen der CDU-Fraktion für die Bereitstellung erster finanzieller Mittel für den eben genannten ersten Schritt.

 

Eine deutliche Schwachstelle für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, der sich die Wirtschaftsförderung verstärkt annehmen muss, ist das Gebäude- und Grundstücksmanagement. Neue Flächen werden schon seit Jahren nur dann erworben, wenn laufende Projekt es unumgänglich machen, und selbst Flächen, die uns schon gehören, kommen nur träge zur Reife. Ja, der Markt ist völlig überdreht und die Absicherung von Ankäufen oder Tauschgeschäften über den Rat dauern ihre Zeit, aber es gab und gibt die eine oder andere Gelegenheit, stadtplanerisch interessante Grundstücke, gerade für unser Gewerbe, zu erwerben und zu ertüchtigen. Für den Erwerb solcher Flächen haben wir daher eine Erhöhung der Kreditermächtigung auf insgesamt 5 Millionen € beantragt.

 

Als letztes möchte ich noch auf die Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes eingehen. Sie ist ein zentraler Baustein für den städtischen Raum im Süden der Innenstadt ist, darum geht es hier nicht nur um Pflastergestaltung, Grünanlagen und die Höhe der Parkgebühren – auch die anschließenden Projekte müssen parallel vorangetrieben werden. Ich denke da an die direkte Verbindung zum Solepark mit dem Gradierwerk, die das Kernstück der künftigen „Kurstadt Kevelaer“ bildet. Ich denke an die Investorenprojekte Marktstraße und Kaufcenter, aber auch an ein mögliches Parkdeck an der Bury St. Edmunds-Straße. Sollte sich im Rahmen eines umfassenden Kevelaerer Verkehrskonzeptes – leider immer noch ein Desiderat, genau wie das Parkleitsystem – sollte sich also im Rahmen dieses Konzeptes ergeben, dass innenstadtnah weitere Parkplätze benötigt werden, muss ein Plan B bereitliegen. Ein nochmaliges Chaos mit medial breitgetretener Rufschädigung wie in diesem Jahr ist nicht akzeptabel. Ich glaube, da sind wir uns aber alle einig.

 

Wie in den letzten Jahren möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, trotz der vorherigen und für den Niederrhein nicht untypischen Meckerei die Zusammenarbeit im Rat und mit der Verwaltung generell zu loben. Wir haben dasselbe Ziel vor Augen und streben alle das Beste für unsere Stadt an. Dass die Meinungen da auch einmal auseinander gehen, liegt in der Natur der Sache. Die Diskussionskultur gerät aber auch bei den sensibelsten Themen kaum je außer Kontrolle. Ja, wir müssen manchmal eine Kröte schlucken, aber es fällt leichter, eine Abstimmung zu verlieren, wenn das auf demokratischem Weg und mit menschlichem Anstand herbeigeführt wurde. Auch dafür will ich im Namen der CDU-Fraktion „Danke“ sagen.

 

Bleibt noch die Erklärung, wie wir als CDU-Fraktion uns zum Haushaltsentwurf für das 2024 stellen:

 

Dem Haushaltsplan und der Satzung für das Jahr 2024 stimmt die CDU-Fraktion zu, ebenso den Wirtschaftsplänen der Stadtwerke Kevelaer und der Technischen Betriebe Kevelaer.

 

Wir als CDU wünschen Ihnen allen eine besinnliche und nach den stressigen letzten Wochen geruhsame Weihnachtszeit. Kommen sie gut ins neue Jahr, in dem wir uns hoffentlich alle gesund wiedersehen.

 

 

Mario Maaßen

CDU Kevelaer

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